Auftraggeberin des Gemäldes war die Fürstin Kinsky, die auch die Anordnung der dargestellten Personen bestimmte; Krafft vermerkt in seiner Autobiographie, das Bild sei unter seiner "Aufsicht" entstanden d.h die Schüler des Akademiedirektors griffen zum Pinsel und malten letztlich das gesamte Bild. Das Bild ist im übrgen reichlich unhistorisch; zum Beispiel fanden sich zu keinem Zeitpunkt der Schlacht alle 5 Korpskommandeure im Gefolge des Erherzogs. Was für ein Unterschied zwischen diesem "Schinken" und der Schlachtengemälde von Vereshtschagin, Detaille, Goya,Meissonier, A.von Werner - um nur einige zu erwähnen.
Die Schlacht von Wagram:Napoleons siegreicher Weg in den Untergang
Was geschah nun auf dem Nordufer der Donau, bei der Armee des Erzherzogs? Über 8.000 tote französische und österreichische Soldaten und an die 2000 Pferde mussten in Massengräben beerdigt, über 14.000 Verwundete versorgt werden. Unmittelbar nach der Schlacht wurde damit begonnen, die Leichen in Massengräben zu bestatten, die Pferdekadaver zu verscharren. Die letzten Toten konnten erst drei Wochen später beerdigt werden. Um Seuchen vorzubeugen, musste die Arme von der Donau zurückgenommen werden. Trotzdem verlangten der Kaiser und seine politischen Berater ein sofortiges Losschlagen, wieder einmal wurde der Erzherzog aufgefordert, den Flussübergang zu wagen. Auch die Militärhistoriker der Nachwelt tadelten den Erzherzog und seinen Generalstabschef, weil sie den Sieg nicht ausgenutzt hätten, das napoleonische Heer endgültig zu vernichten. Dass die Armee des Erzherzogs am Rande der Erschöpfung stand und nicht in der Lage war, den Fluss mangels ausreichenden Geräts zu überqueren, wurde dabei nicht berücksichtigt. Der Generalstabschef musste sich später in einer Denkschrift unter dem Titel „Warum benutzten die Österreicher den Sieg von Aspern nicht zu einer offensiven Operation auf das rechte Donauufer?“ gegen seine Kritiker verteidigen. (s. Anlage)
Die politische Führung überschlug sich freilich vor Begeisterung .Wenn schon nicht der „Deutschland-Feldzug“, so sollte doch die gewonnene Schlacht von Aspern zum Fanal werden, den Beginn des allgemeinen Volksaufstandes in Europa markieren. Man verbreitete die Meldung, Napoleon sei gefangengenommen worden, er sei tot; maßlose Siegesmeldungen wurden in Umlauf gebracht. Der Mythos der Unbesiegbarkeit Napoleons sei zerstört worden, er sei in einer offenen Feldschlacht das erste Mal geschlagen worden, eine Feststellung übrigens, die selbst in der Gegenwart fortlebt. Nein, Napoleon konnte schon früher geschlagen werden: am 6. November 1796 bei Bassano, am 12. November 1796 bei Caldiero und am 17.-21. März 1799 bei Saint-Jean-d’Acre - Aspern war seine vierte Niederlage, in der Reihe dieser Niederlagen, allerdings die schwerste und folgenreichste. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, dass der braunschweigisch-russische General, Leontij Leontevitsch Bennigsen nach der Schlacht von Eylau, zwei Jahre vor Aspern vom Zaren den Ehrentitel erhielt „ Besieger des noch nie besiegten Feldherrn“ . Wie auch immer, man sollte mit der Feststellung, Napoleon sei bei Aspern das erste Mal in einer offenen Feldschlacht besiegt worden, behutsamer umgehen.
Wieder einmal verlangte Erzherzog Karl die Konzentration der gesamten Militärmacht der Monarchie auf dem Marchfeld. Das gleiche tat auch sein Gegner auf dem anderen Ufer der Donau. Doch was Napoleon ohne viel Mühe gelang, war auf der österreichischen Seite offensichtlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Napoleons Marschälle waren gewohnt, den Befehlen Folge zu leisten, nicht so die habsburgischen Verwandten von Karl, dessen Befehle grundsätzlich ignoriert wurden. Da war zunächst der krankhaft ehrgeizige Erzherzog Johann. Der Befehl an ihn lautete: zurück aus Italien ins Marchfeld. Doch, wie bereits erwähnt, ignorierte dieser diesen eindeutigen Befehl und ging mit seinem 12.ooo Mann starken Korps nach Ungarn zurück. Der zweite Bruder des Erzherzogs, der in Ungarn kommandierende Erzherzog Joseph erhielt ebenfalls den Befehl, das ungarische und kroatische Adelsaufgebot zu versammeln, sich mit Johann zu vereinigen und sich ebenfalls Richtung Marchfeld zu begeben. Doch auch dieser Erzherzog ging seinen eigenen Weg.
Napoleon hätte seine Marschälle bei einem solchen Verhalten sofort abgesetzt,( den Marschall Bernadotte schickte er inmitten des Schlachtgeschehens nach Hause ) nicht so Erzherzog Karl, der Generalissimus: er bat den Kaiser, die beiden Brüder zur Befolgung seiner Befehle aufzufordern. Sie gehorchten nur halbherzig und äusserst widerwillig: Das Ergebnis waren die verlorenen Schlachten von Györ und Wagram.
Das Vorspiel zu Wagram: Die Schlacht bei Györ/Raab (Ungarn)
Bereits zwei Tage nach der Schlacht von Aspern ergingen Napoleons Befehle an die verstreut stehenden Truppen, sich bei Wien zu versammeln. Alles Verfügbare wurde zum Materialtransport herangezogen: Brückengerät und Pontons für 1o Brücken, Gewehr- und Artilleriemunition, Lebensmittel, Pferdefutter, Spirituosen und Wein - ein Heerlager entstand von bisher kaum gekannten Ausmaßen. Unmittelbar vor der Schlacht von Wagram mussten 134.ooo Mann, 27.ooo Reiter, die Geschützbedienung von 433 Geschützen verpflegt werden-ein Heer von beinahe 2oo.ooo Mann. Man kann sich sehr gut vorstellen, welche hygienischen Probleme außerdem zu bewältigen waren.
Das Zusammenziehen aller verfügbaren Kräfte war wieder einmal eine Meisterleistung der französischen Heeresleitung.
Doch was den Franzosen tadellos gelungen war, gestaltete sich auf der gegnerischen Seite als äußerst schwierig bzw. unmöglich. Der Abmarsch des Erzherzogs Johann aus Italien erfolgte zunächst zögerlich.; doch bald nahm Napoleons „ Italische Armee“ unter Eugene de Beauharnais die Verfolgung auf und verwickelte die Truppen des Erzherzogs bei Pordenone, Sacile , Fontana Fredda und Caldiero in für die Österreicher zwar erfolgreiche aber verlustreiche Gefechte. Am 24.Mai erreichte den Erzherzog ein neuer Befehl, den Abmarsch über Westungarn Richtung Marchfeld fortzusetzen. Doch anstatt wie befohlen den Weg ins Marchfeld zu nehmen, schwenkte der Erzherzog nach Osten ab und zog sich in Richtung Pressburg zurück.
Der andere Erzherzog, Joseph, der Reichsverweser (Nador) in Ungarn, eine Art Vizekönig erhielt bereits am 1o. April 1809 den Befehl, das ungarische und das kroatische Adelsaufgebot einzuberufen und sich bei Györ(Raab),östlich von Pressburg zu versammeln. Dort sollte die Vereinigung mit den 12. 000 Mann des Erzherzogs Johann erfolgen, um dann, je nach Lage, zu den Kräften des Generalissimus zu stoßen.
Ein Wort zum Adelsaufgebot im ungarisch-kroatischem Königreich.
Die Adelsaufgebote waren ein mittelalterliches Relikt; seit dem Mittelalter war der Adel verpflichtet, zur Verteidigung der Heimat dem König Truppen zu Verfügung zu stellen. Jede Adelsfamilie hatte einen Mann - Reiter oder Infanterist - zu stellen, je nach Vermögenslage, wobei die Ausrüstung teils die Adelsfamilien, teils die Städte, die Diözesen, die Departements beizusteuern hatten. Unter Waffen verstand man Hieb- und Stichwaffen teils aus den Türkenkriegen sowie alle Arten und Kaliber von Gewehr: Flinten, Jagdgewehr, Pistolen jeglicher Herkunft und Alter. Das Gros bestand aus den völlig veralteten, viel zu schweren „Ordinären Füsilier-Flinte M.1745 „ und der „Commis-Flinte M. 1754“. Lediglich das kroatische Aufgebot verfügte über das modernere Gewehr M. 1798. Etwa 2o% des ungarischen Aufgebots besaßen überhaupt keine Feuerwaffen, man hoffte auf Ausrüstung durch Beutematerial. Das Geld für die Ausrüstung fehlte, es gab demnach auch keine einheitliche Uniform, sondern ein bunt-malerisches Durcheinander an „Magnatenkleidern“ jeglicher Provenienz.
Den Oberbefehl führte seit jeher der Erzherzog Joseph, eine Bruder des Kaisers und der beiden Erzherzöge Karl und Johann. Ihm zur Seite Stand ein neugeschaffener Generalstab (Generalquartiermeisterstab), deren Chef seit 1797 Generalleutnant Otto Moritz Gomez y Parientos war. Da nicht nur den Insurgenten, dem Adelsaufgebot ,sondern auch dem Generalstab an Truppenführung mangelte, wurde vom Erzherzog Karl eine Reihe von erfahrenen Offizieren abkommandiert: 2 Oberste, ein Oberstleutnant, 6 Majore, 8 Offiziere im Rang eines Hauptmanns, 1o Oberleutnante und ein Leutnant; ausserdem 6 Unteroffiziere für das Transportwesen, Feldgendarmerie etc., wobei auffällt, dass unter diesen Offizieren kein einziger ungarischer Berufssoldat zu finden war, ein hinsichtlich der sprachlichen Verständigung nachteiliger Umstand.
Nicht nur den Insurgenten, auch dem Oberbefehlshaber fehlte es an Motivation, denn laut Gesetz durfte ein Adelsaufgebot nur im Falle eines nationalen Verteidigungskrieges einberufen werden - und dies war 1809, als Österreich einen Angriffskrieg begann, wahrlich nicht der Fall. So nimmt es kein Wunder, dass auch der Erzherzog Joseph, wie sein Bruder Karl gegen den Krieg war. Schließlich stimmte aber das ungarische Parlament auf Drängen des Kaisers der Einberufung doch noch zu und so konnte Mitte Mai ein zwar miserabel bewaffnetes,( die Kaiserin schrieb in einem vertraulichen Brief an Erzherzog Johann am 27.April:“ Der Kaiser befahl, dass die Insurrecion aufmarschieren soll, man giebt ihr aber keine Waffen“.) doch der Zahl nach ansehnliches Heer im westungarischen Großraum Györ versammelt werden: 2o.467 Mann Infanterie, 18.161 Reiter aus dem ungarischen Landesteil, 9.759 Mann Infanterie und 1627 Reiter aus Kroatien, alles in allem über 3o.ooo Mann Infanterie und 19.ooo Reiter. Nimmt man die Truppen des Erzherzogs Johann und die Landwehr-Battaillone hinzu, waren Anfang Juni im Großraum Györ an die 6o.ooo Mann Infanterie und 2o.ooo Reiter versammelt.
Bereits am 1. Juni – einen Monat vor Wagram - erging von Erzherzog Karl ein neuer Befehl an seinen Bruder Johann, sich nicht länger im Raum Györ aufzuhalten, sondern seine Truppen der Hauptmacht auf dem Marchfeld zuzuführen. Der Erzherzog Joseph erhielt ebenfalls die Anweisung, seine Verbände im Raum Györ zu konzentrieren und den Abmarsch der Verbände Johanns zu decken. Napoleon hat natürlich die Gefahr dieser Truppenmassierung sofort erkannt und befahl Beauharnais, gegen Györ zu marschieren und den Abzug der Truppen beider Erzherzöge in Richtung Marchfeld zu verhindern. Am 2 Juni erschien Generalstabschef Wimpffen in Pressburg, um sich über die Befolgung der Befehle Karls zu unterrichten, die Möglichkeiten eines Übergangs der Armee auf das rechte Donauufer zu prüfen und den weiteren Ausbau des Brückenkopfes bei Pressburg anzuordnen. Der Brückenkopf hatte sowohl für einen eventuellen Angriff Karls im Rücken der Franzosen als auch als Rückzugsmöglichkeit für die Truppen der beiden Erzherzöge über die Brücke eine wichtige Funktion. Ohne einen befestigten Brückenkopf konnten die Truppen der beiden Erzherzöge nicht aufs Nordufer der Donau gelangen..
Am 11.Juni erhielten die beiden Erzherzöge erneut den Befehl von Karl, ihre Truppen ohne weiteren Zeitverlust über Pressburg ins Marchfeld zu führen und nur schwache Sicherungskräfte zurückzulassen. Der Befehl erreichte die beiden Feldherren im Esterhazy-Schloss zu Papa .Nach kurzer Beratung mit den Stabschefs Graf Nugent – Westmeath und Gomez y Parientos wurde beschlossen, den Befehl des Generalissimus zu ignorieren und sich den Truppen Beauharnais’ zu stellen. Am nächsten Tag trafen beide Erzherzöge im Dorf Tét erneut zusammen und vernahmen von Generaladjutant Graf Beckers die zur Verfügung stehende Truppenzahl: 11.1o8 Mann Infanterie und 8839 Reiter des ungarischen Adelsaufgebots sowie 2o.524 Mann Infanterie und 2226 Reiter der Truppen des Erzherzogs Johann.(IX. Armeekorps mit drei Divisionen) Offensichtlich überkam den Erzherzog Joseph angesichts des eindeutigen Befehls des Generalissimus Karl das schlechte Gewissen, denn er fragte seinen Bruder Johann: „Was wollen wir tun?“ – „ Wir werden bei Györ eine Schlacht liefern“ beschied Erzherzog Johann“. „Doch nicht mit diesen Truppen“ antwortete Joseph. „ Ich werde meine Truppen nach Komarom (an der Donau) führen und dort erst einmal exerzieren“. Daraufhin zog der Erzherzog Johann einen Befehl des Kaisers aus der Tasche, aus dem hervorging, dass er das Oberkommando über alle in Ungarn versammelten Truppen führt, ein Befehl, der eindeutig gegen die Verfassung Ungarns verstieß. Ohne eine Antwort, sprang Erzherzog Joseph in seinen Wagen und fuhr, -verständlicherweise - verärgert, davon, denn nach den gelten Gesetzen hatte er den Oberbefehl über die ungarischen und kroatischen Adelsaufgebote.
Nachdem als beschlossen galt, den Franzosen eine Schlacht zu liefern, fuhr Erzherzog Johann nach Györ, um im bischöflichen Palais zu speisen und Quartier zu beziehen. Während des Mittagsmahls erwähnte der Erzherzog eher beiläufig, die beiden Stabschefs, Graf Laval Nugent-Westmieth und Gomez y Parientos mögen umgehend einen Operationsplan entwerfen. Der General Nugent meinte jedoch, es sei noch Zeit genug, einen Operationsplan auszuarbeiten und legte einen Nachmittagsschlaf ein - einen Tag vor der Schlacht! Als am nächsten Tag der Erzherzog seinen Stabschef fragte, welche Dispositionen er ausgegeben habe, antwortete dieser: „gar keine“. Man werde aufgrund der Geländeverhältnisse während des Kampfes entsprechende Befehle erteilen. Im übrigen habe man lediglich eine Vorhut der Franzosen vor sich in der Stärke von in bestem Fall 12.000 Mann. Anschließend wurde für den versammelten Stab der beiden Erzherzöge auf dem Templom-Hügel bei Kismegyer ein Gabelfrühstück serviert. Vier Stunden vor der Schlacht saßen die Oberkommandieren und ihre Stabschefs mit 52 höheren Offizieren seelenruhig beim déjeuner `a la fourchette!
Während gefrühstückt wurde – es ist der 14.Juni, der Jahrestag der berühmten Schlacht von Marengo - vollzog sich auf der anderen Seite seit den frühen Morgenstunden der Aufmarsch der gesamten „ Italischen Armee“ Napoleons: 41. 814 Mann Infanterie, 12.051 Reiter und 144 Kanonen, geführt von berühmten, kampferprobten französischen Kommandeuren: Macdonald, Montbrun, Grouchy, Colbert, Baraguey d’Hilliers, Lauriston, Durutte, Sahuc, Grenier, Pajol um nur einige zu erwähnen .Um 17 Uhr war die Schlacht verloren, der Erzherzog ordnete den Rückzug an.
Diese kurze Schilderung der Ereignisse in Ungarn ist deshalb von Bedeutung, weil nach der verlorenen Schlacht von Wagram der Generalissimus die Schuld an der Niederlage zu recht dem Nichterscheinen des Erzherzogs Johann aufbürdete. Doch es gibt nicht wenige Militärhistoriker, die der Ansicht sind, die 12.ooo Mann des Erzherzogs Johann hätten am Ausgang der Schlacht von Wagram, wären sie rechtzeitig eingetroffen, wenig geändert. Man übersieht dabei wohl absichtlich, dass Johann bei Befolgung der Befehle des Generalissimus nicht die nach der verlorenen Schlacht von Györ verbliebenen Reste seiner abgekämpften,geschlagenen Armee, sondern an die 60.000 Mann Infanterie und 2o.000 Reiter hätte ins Marchfeld führen können - und diese Kräfte hätten sehr wohl der Wagramer Schlacht einen anderen Ausgang sichern können. Die kampfunerfahrenen Adelstruppen wären auch nicht so leicht überrannt worden, denn sowohl Erzherzog Karl als auch sein Bruder Joseph plädierten dafür, die ungarisch-kroatischen Verbände in die regulären Truppen einzugliedern, ähnlich der ebenfalls kampunerfahrenen österreichischen Landwehr, die sich in den Schlachten im Marchfeld hervorragend geschlagen hat.
In diesem Zusammenhang muss noch vermerkt werden, dass Erzherzog Johann in seinem Bericht v. 16.Juni 1809 an den Generalissimus die Schuld an der Niederlage bei Györ(Raab) den „verbündeten“ Ungarn angelastet hat - wie bei Koalitionen seit jeher üblich. (Der 2. Weltkrieg bietet hierfür die schönsten Beispiele)Von eigenen Fehlern ist in diesem Bericht natürlich nicht mit einem Wort die Rede.
Auch zwischen Napoleon und Eugene de Beauharnais,seinem Adoptivsohn – immerhin ausgestattet mit dem Titel eines Vizekönigs von Italien - kam es nach der gewonnenen Schlacht von Györ zu einer Meinungsverschiedenheit, die jedoch anders ausgetragen wurde als zwischen dem Befehlsverweigerer Erzherzog Johann und dem Generalissimus Karl: Vizekönig Beauharnais schlug Napoleon vor, die geschlagene Armee der Erzherzöge zu verfolgen, ins Landesinnere vorzustoßen und die Hauptstadt Pest-Buda einzunehmen. Eine von den Franzosen einberufe ungarische Nationalversammlung sollte entweder den Fürsten Miklos Esterhazy oder den Erzherzog Joseph zum König ausrufen und Ungarn, im Sinne eines als Flugblatt verbreiteten Aufrufs Napoleons für unabhängig erklären. Beauharnais’ Vorschlag' wurde vom gesamten Stab der „Italischen Armee“ unterstützt, denn man wusste, dass keine ungarische Militärmacht den Weg der Franzosen in Richtung Hauptstadt hätte verlegen können. Napoleon reagierte sofort:in seinem Befehl vom 19.Juni verbot er dem Vizekönig, den Plan zu verfolgen. Den Alternativvorschlag von Beauharnais, einen Uferwechsel vorzunehmen und die Verbände Johanns in einer zweiten Schlacht am Nordufer der Donau zu vernichten, hat Napoleon ebenfalls abgelehnt ; statt dessen musste der Vizekönig Anstalten treffen, zu gegebener Zeit in Richtung Marchfeld aufzubrechen. Bereits vier Tage später, am 23.Juni erhielt Beauharnais tatsächlich den Befehl, mit der Verlegung der französischen Truppenverbände sofort zu beginnen. In derselben Nacht begann der planmäßige Rückzug aller französischen Einheiten aus Ungarn in Richtung Marchfeld. Noch dachte Napoleon in militärischen Kategorien, die leichte politische Beute – Ungarns Hauptstadt - ließ er links liegen – erst Jahre später, im Russlandfeldzug änderte er seine Meinung.
Übrigens: Hans Magenschab, der wohl kenntnisreichster Biograph des Erzherzogs Johann widmet in seinem 378 Seiten umfassenden Buch ganze 9 Zeilen der Schlacht von Györ. Und Manfried Rauchensteiner, dem wir eine der besten Schilderungen der Schlacht von Wagram verdanken, widmet den ungarischen Ereignissen ganze drei Zeilen.
In einem 2009 erschienenen Buch von Lazar BALAZS dIe Reglements des Königlich-Ungarischen Adelsaufgebots von 1809,Verlag "Nap",Budapest gibt der Autor eine ausführliche Darstellung der Geschichte dieses Adelsaufgebots, seiner Bewaffnung, Organiasations- und Kommandostruktur.
Der Generalstabschef der Armee 1809
Kehren wir zurück zu den Vorbereitungen der Schlacht von Wagram.
Wieder einmal ging es um die Frage: Angriff oder Defensivschlacht. Wie nicht anders zu erwarten, plädierten der Kaiser, seine Frau und die Politiker für ein sofortiges losschlagen. Bruno Brehm beschreibt in seinem Buch „Zu früh und zu spät“ eine Auseinandersetzung zwischen dem Erzherzog Karl , dem kaiserlichen Bruder und seinem Minister, Graf Johann Philipp Stadion sehr lebensnah:“ Wäre es nicht leicht“ - so Stadion – „ , Napoleons Verbindungen zu bedrohen, seine Etappe, wie in Spanien durch aufreibenden Kleinkrieg zu beunruhigen? In kurzer Zeit werden die Engländer in Hannover einfallen, jetzt schon bedrohen die Tiroler Bayern, die Vorarlberger Schwaben, die allerdings sehr schwachen Kontingente versetzten Franken und Sachsen in Schrecken und in Italien mache sich bereits die englisch-sizilische Expedition bemerkbar“.
Mit heftigen Worten unterbrach der Erzherzog den Minister:“ Fast mit den gleichen Worten haben Sie seinerzeit den Beschluss zu diesem Krieg begründet. Ist ein Rheinbundfürst abgefallen? Hat sich in Bayern irgendjemand anderer auf unsere Seite gestellt als jene armen, bei Eggmühl übergelaufenen Tiroler, die man in bayerische Regimenter gesteckt und gegen uns zu kämpfen gezwungen hat? Hat sich in Preußen jemand gerührt außer jenem armen, unseligen(Major) Schill, den Westfalen, Holländer und Dänen zu Stralsund zusammengeschossen haben? Hat jemand Katte gegen Magdeburg und jemand den westfälischen Oberst Dörnberg, der den König Jerome(Napoleons Bruder) gefagennehmen wollte, geholfen? Hat man diejenigen, die gegen Frankreich die Waffen erhoben haben, hinrichten lassen? Nein, Stadion, unterbrechen Sie mich nicht! Der Herzog von Braunschweig hat in Zittau an das deutsche Herz der Sachsen appelliert, und in der ganzen Stadt haben sich drei Sachsen mit deutschen Herzen gefunden, um für Deutschlands Freiheit zu kämpfen.Statt der erwarteten zehntausend Freiheitskämpfer sind im Werbebüro des Braunschweigers zu Meissen dreihundert zerlumpte Landstreicher erschienen.“
Sieht man sich die Namensliste jener Offiziere an, die trotz ihres „deutschen Herzens“ unter Napoleons Oberbefehl standen und nicht den Mut faden, die Seite zu wechseln, wird man den Zornesausbruch des Erzherzogs sehr wohl verstehen: die Generäle Zeschwitz, Hartizsch, Zeschau,Feilitzsch ,Preysing, Wrede, Gutschmidt,Polenz Beckers, Steindel, Hochberg --- Sachsen, Hessen, Badener, Westfalen, Württemberger, Bayern, Nassauer, fürstliche und königliche Leibregimenter, Leibgarden, Leibdragoner, Garde-Chevauxlegers, Leibgrenadiere -man hätte aus „Rheinbundsoldaten mit deutschem Herz“ eine ansehnliche Armee von über 1oo.ooo Mann zusammenstellen können, die bei Wagram gegen die Österreicher aufgeboten wurde .
Die Vorbereitungen zur zweiten Schlacht liefen bei Napoleon am rechten Donauufer ohne größere Probleme: das Heranziehen der verstreuten Reserven gingen zügig voran. Auch die „Italische Armee“ von Beauharnais und die Dalmatinische Armee unter Marmont kamen rechtzeitig im befohlenen Versammlungsraum der Grande Armee an. Brückengerät, Waffen, Munition, Kanonenboote, Belagerungsgeschütze, Verpflegung wurden in großen Mengen herangeschafft und schrittweise erneut auf der Insel Lobau deponiert, die zu einer waffenstarrenden Festung ausgebaut wurde. Zelte für Verwundete und Verbandplätze wurden in großer Zahl angelegt.
Die französischen Truppen aus Tirol wurden Richtung Wien in Marsch gesetzt und am 29.Juni konnte Napoleon die Vorbereitungen zur zweiten Schlacht als abgeschlossen ansehen. Von Melk im Westen bis in den Raum von Pressburg östlich von Wien stand die Grande Armee bereit, Versuche der Österreicher, die Donau zu überwinden abzuwehren und jederzeit zum Angriff überzugehen. Eine Armada von über 180.000 Mann mit 617 Kanonen und an die 2o.ooo Mann in der Reserve im Raum Ljubljana, Bruck a. d. L. und Wiener Neustadt. Die Frage war nur, wann und wo der Sturm losbrechen würde.
Während Napoleons Absichten, nämlich eine zweite, eine alles entscheidende Schlacht zu schlagen auf Grund der Truppenbewegungen (und der politischen Verhältnisse in Europa) unschwer zu erkennen waren, flammte auf der österreichischen Seite erneut die Diskussion über die Frage auf: Verteidigungschlacht oder Angriff über die Donau. Die Debatte war in vieler Hinsicht eine Wiederholungen der Ereignisse vor Aspern.
Der Kaiser und seine Entourage waren, besonders seine Ehefrau Maria Ludovica, aus verständlichen Gründen für einen Angriff. Unterstützt wurden sie von Politikern wie Außenminister Stadion, Kriegsminister Zichy und den persönlichen Beratern des Kaisers. Sie alle drängten den Generalissimus zur Offensive. Der Generalstabschef v. Wimpffen, der nach Verlust eines Viertels des Bestandes der Armee wieder einmal gegen die Offensive war, gab dem Druck schließlich nach und begann Pläne zu einem Übergang auszuarbeiten. An drei Stellen hielt er dies für möglich; bei Pressburg ( Bratislava), bei Krems oder bei Tulln. An diesen Stellen war das linke Donauufer höher als das rechte, es gab Inseln und tote Arme, die einen Brückenbau erleichterten, außerdem gab es bei Pressburg eine intakte Schiffsbrücke. Sein Vorschlag war, den Übergang bei Krems –Tulln zu versuchen, um im Falle eines Misslingens die“ Kornkammern“ der Monarchie, Böhmen und Mähren schützen zu können. Erzherzog Karl sprach sich gegen diesen Plan aus und entschied sich für einen Übergang bei Pressburg. Also ging der Generalstabschef an die Ausarbeitung eines solchen Plans heran und ritt noch am selben Tag nach Pressburg. Während sich Wimpffen in Pressburg aufhielt, startete am 1.Juni Napoleon einen Täuschungsangriff gegen diesen Brückenkopf. Erzherzog Karl befürchtete einen größeren Übergangsversuch und änderte sofort seine Pläne. Wimpffen wurde zurückbeordert und erhielt nun die Aufgabe, doch noch den Plan eines Übergangs im Raum Tulln vorzubereiten. Als die Armee des Erzherzogs Johann, bedrängt von der „Italischen Armee“ Beauharnais’ sich in Richtung Ungarn, statt Wien zurückzog, wurde der Plan erneut geändert. Nun wurde Wimpffen angewiesen, erneut Pressburg als Donauübergang ins Auge zu fassen. Dieser Überlegung lag der Gedanke zugrunde, im Raum Pressburg sich mit Erzherzog Johann zu vereinigen und die Front der Franzosen vom Osten her aufzurollen. Zumindest sollten die Kräfte des Erzherzogs Johann dort aufgenommen und je nach Lage der Dinge ins Marchfeld zurückgeführt werden.
Die Eigenmächtigkeit des Erzherzogs Johann und die Nichtbefolgung der Befehle des Generalissimus führten am 14.Juni zur Katastrophe von Györ und damit war die Offensive im Raum Pressburg hinfällig geworden. Am 3o. Juni stand sein neuer Entschluss fest:Übergang bei Krems. Der Generalstabschef v. Wimpffen ging erneut an die Ausarbeitung eines Operationsplans.
Das Hin- und her des Oberbefehlshabers war, so muss man rückblickend annehmen, ein Täuschungsmanöver; nicht gegenüber Napoleon, sondern gegenüber dem Kaiser; Kaiser Franz saß mit seiner Kamarilla und den Politikern unweit des Hauptquartiers des Erzherzogs und er drängte fortwährend zum offensiven Vorgehen - wo auch immer. Der Erzherzog, sein Generalstabschef v. Wimpffen und sein Generaladjutant Graf Grünne waren sich jedoch einig, dass angesichts des Zustandes der österreichischen Armee nur eine Defensivschlacht nach dem Muster von Aspern Erfolg versprach. Der Kaiser sollte ruhig glauben, man plane in seinem Sinne Donauübergänge, vor allem um Wien zurückzuerobern - für den Kaiser war dies natürlich eine Prestigefrage - währenddessen man an den Ausbau einer starken Verteidigungslinie am linken Donauufer heranging. Dies bestätigt auch ein Brief des Erzherzogs an seinen Adoptivvater, Albert von Sachsen vom 7.Juni, gut drei Wochen vor der Entscheidungsschlacht:“ Soweit es an mir liegt, ist mein Plan fixiert, und ich werde genauso wenig etwas riskieren wie Fabius gegenüber Hannibal, qui cunctando restituit rem. Denn die Truppen, welche ich zur Verfügung habe, sind die letzten des Staates“. Ist es ein Zufall, dass der Erzherzog in einem vertraulichen, persönlichen Brief genau jenen Satz verwendet, für den man seinen Generalstabschef, den Generalmajor Wimpffen nach den verlorenen Schlachten in Deutschland so hart gescholten hat? Dass nämlich der römische Konsul Quintus Fabius Maximus, der „Cunctator“, der Zauderer den bis dahin siegreichen Hannibal durch eine hinhaltende Taktik und nicht durch eine Entscheidungsschlacht zermürbte. Wobei man mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass zwischen dem Erzherzog und seinem Stabschef Einvernehmen herrschte hinsichtlich dieses so oft kritisierten Satzes - von welchen der beiden er auch immer stammen mag.
Für den heutigen Leser muss der Name Fabius Maximus nicht gegenwärtig sei; der Romancier Joachim Fernau hat diesen berühmten Feldherren der Antike sehr treffend geschildert: Wer war nun dieser Fabius Cunctator, auf den sich der Generalstabschef von Wimpffen und sein Oberbefehlshaber angesichts des siegreichen, (nicht unbesiegten) Napoleon beriefen? Welche Aktualität hatte dieser römische Feldherr des Jahres 216 v. Chr. für die Heerführer des Jahres 1809 ?
Die damalige Situation: Hannibal stand vor den Toren von Rom, „ante portas“, Napoleon vor den Toren Wiens bzw.in der Stadt.
Fernau:“ In diesem Moment wünschte das Volk die Verantwortung nicht mehr zu haben. Es berief einen Diktator... es ist Quintus Fabius Maximus. Er legte dem Senat und der Generalität seine Ideen dar. Sie sind das Klarste, was in einem römischen Kopf gedacht wurde, das Klarste und das Scharfsinnigste. Quintus Maximus war der einzige, der Hannibal geistig gewachsen war; der die Gedankengänge des Karthagers mutmaßen und ihnen folgen konnte; der einzige, der das scheinbar Unverständliche verstand und die Gefahr, die verborgene viel größere Gefahr, erkannte. Er erklärte den Römern, dass der Karthager in offener Feldschlacht nicht zu besiegen sei, es dürfe keine Schlacht mehr geben. Er sähe nur eine Aufgabe: hinter Hannibal herzuziehen und alle Städte, alle Orte, die er erobert hat oder – und das sei die schreckliche Gefahr – zum Abfall von Rom gebracht habe, wieder zu nehmen. Ruhe, Festigkeit müsse von den Wiedereroberern ausgehen.
Furchtbar enttäuscht gingen die Zuhörer heim. „Keine Schlacht“, „nicht zu besiegen“, „hinterherziehen“ – was für Aspekte! Ehe der Hahn einmal krähte, hatte Fabius Maximus seinen Spottnamen weg: „Cunctator“, Zauderer... Einige Monate lang ging es noch nach dem Plan des „Zauderers“, dann wurden Befehle nicht mehr ausgeführt, Operationen sabotiert. Der Kommandeur der Reiterei, Marcus Minutius rebellierte offen. In einem modernen wissenschaftlichen Geschichtswerk heißt es: ’Er war von der politischen Farbe eines Flaminius. Zwischen beiden – Munitius und Fabius – kam es zu Zerwürfnissen, so dass der einheitliche Oberbefehl des Diktators gesprengt wurde. Damit hat also die innenpolitische Auseinandersetzung bereits auf das Verfassungsrecht übergegriffen’.
Entschuldigen Sie, - wie war das? „Farbe“? Eines untergebenen Offiziers im Kriege. “Zerwürfnisse“? „Gesprengt“? Gesprengt, nicht verraten? Auf das Verfassungsrecht „übergegriffen“? Nennt man das so...? Nein meine Freunde. Das ist in aller Welt Rebellion. Das ist nach dem Kriegsrecht aller Völker der Erde reif für die Kugel. Und wer in einer Demokratie dem rechtmäßigen vom ganzen freien Volk Gewählten sein Recht verweigert, bricht die Verfassung. Wer ihn verrät, begeht Hochverrat. Erstaunlicherweise hat Fabius seinen Reitergeneral nicht köpfen lassen...Fabius Maximus „Cunctator“ tat etwas anderes: Er nahm seinen Hut und ging.“
Zwei Jahre später stellten sich die Römer der Entscheidungsschlacht. Bei Cannae. Fernau:“ Cannae wurde die schwerste Niederlage, die Rom in seiner Geschichte je erlitt. Fünfzigtausend blieben auf dem Schlachtfeld, ein Berg von Toten, wie ihn nie vorher jemand gesehen hat. Zwanzigtausend wurden gefangen. Das Volk von Rom hatte seine gewünschte Schlacht erhalten. Wer war schuld? Niemand. Denn wer ist das: „Das Volk“?“
Erzherzog Karl und sein Generalstabschef v. Wimpffen kannten die Geschichte des „Cunctators“ und die Pararellen zwischen 216 v. Chr. und dem Verlauf des Krieges 1809 n. Chr. waren in der Tat frappierend. Nur einige Namen mussten ausgetauscht werden.
Ein modernes Cannae zu vermeiden, dies war das Gebot der Stunde und man ging mit allen zur Verfügung stehenden Kräften daran, erneuet eine Defensivschlacht zu schlagen. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass sich das Marchfeld-Gelände sehr gute Möglichkeiten hierzu bot. Von Wagram im Norden von Wien bis Leopoldsdorf im Nordosten Wiens verläuft paralell zur Donau die Linie des Russbach - damals ein Bach mit weit auseinandergezogenen sumpfigen Ufern. Hinter diesem Bach, auf dem nördlichen, höheren Ufer wurde die starke Verteidigungslinie errichtet, Erdaufwürfe, Verschanzungen angelegt, Geschütze in Stellung gebracht, Carrees von 4oo Mann mit jeweils vier Kanonen gebildet. Die Dörfer der österreichischen Verteidigungslinie wurden zu starken Stützpunkten ausgebaut. An dieser auch durch die vorgelagerten Sumpfgebiete gut geschützte Verteidigungslinie sollte der Ansturm der Franzosen gestoppt werden. Und wenn die Schlacht von Wagram für die Armee des Erzherzogs Karl nicht zu einem vernichtenden Cannae geworden ist, so hat sie dies dieser „Rußbach-Stellung“ zu verdanken. Denn an ihr zerbrachen am ersten Schlachttag alle Infanterie –und Kavallerie-Angriffe Napoleons ebenso wie die von ihm immer wieder mit Erfolg praktizierten Durchbrüche des Zentrums seiner Gegner. Manfried Rauchensteiner:“ Der Misserfolg (der Franzosen) an der Front von Markgrafneusiedl bis Deutsch-Wagram ließ sich kaum beschönigen. Die Österreicher waren die Sieger gewesen. Der Einfluss des Geländes auf die Kampfführung hatte sich einmal mehr als entscheidend erwiesen. „
Hinter dieser Verteidigungslinie warteten an die 120.000 Mann Infanterie mit 446 Geschützen und an die 15.ooo Reiter, aufgestellt in einem Halbkreis zwischen Stammersdorf im Nordwesten von Wien und Siebenbrunn im Osten , auf den Beginn der Offensive der Grande Armee: 135.00 Mann Infanterie, an die 28.000 Reiter und 433 Geschütze.
Der vom Generalstabschef vorgelegte und vom Oberbefehlshaber gebilligte Operationsplan sah vor, die Franzosen beim übersetzen nicht sofort anzugreifen. Man wollte warten, bis zahlreiche Einheiten am Nordufer gelandet waren und sich zu ihren gewohnten Kampformationen entwickelt haben. Kritiker hielten dies für einen schweren Fehler; man übersieht dabei, dass man hinter der befestigten „Russbach-Stellung“ ein Defensivschlacht schlagen wollte d.h. man wollte die französischen Truppen erst einmal anrennen lassen. Hinzukam noch, dass die mächtige französische Artillerie einen sofortigen österreichischen Gegenangriff verhindert und den Angreifenden schwerste Verluste zugefügt hätte: selbst Essling und Aspern befanden sich im Schussbereich der französischen Batterien.
Anfang Juli standen nun im Großraum von Mauthausen bis Pressburg über 3oo.ooo Mann Infanterie, 9oo Kanonen und 4o.ooo Reiter bereit zur Entscheidungsschlacht des Krieges 1809. Der Plan des Erzherzogs Karl war ebenso festgelegt, nämlich Verteidigungsschlacht wie jener Napoleons: Angriff über die Donau.
Am 4.Juli begann die französische Offensive mit einem heftigen Artilleriefeuer auf die vordersten Linie der Truppen des Erzherzogs. Gegen 21.oo Uhr setzten bei einbrechender Dunkelheit die ersten französischen Truppen über die Donau, um am Nordufer einen Brückenkopf zu bilden. Am Nachmittag des 5. Juli war der Aufmarsch vollendet :über 13o.000 Mann Infanterie und 27.ooo Reiter überwanden die einzelnen österreichischen Widerstandsnester bei Groß-Enzensdorf und Schloss Sachsengang, um 18.oo Uhr standen die ersten Einheiten an der befestigten österreichischen Hauptkampflinie, der „Russbach-Stellung. Um 19.oo Uhr befahl Napoleon den Sturmangriff auf diese Stellung in der Hoffnung, das österreichische Zentrum zu zertrümmern. Doch die Verbände Massenas, Macdonalds und Bernadottes holten sich blutig Köpfe. Als um 23.00 die Waffen schwiegen, stellten alle französischen Verbände den Kampf ein, die Absicht, im Zentrum der Österreicher durchzubrechen galt als gescheitert.
Beide Seiten waren der Überzeugung, dass der nächste Tag, der 6. Juli die Entscheidung bringen werde. Napoleon schickte weitere Verbände über die Donau, so dass nunmehr 159.ooo Mann Infanterie, 29.000 Reiter und 488 Geschütze zu Verfügung standen.
Auch der Erzherzog hoffte auf das Eintreffen der Truppen seines Bruders Johann, dessen Einheiten den linken Flügel der österreichischen Armee verstärken sollten, denn es war unschwer zu erkennen, dass der französische Kaiser bei allen Waffengattungen in der Überzahl war.
Erzherzog Karl konnte mit den Ergebnisse des ersten Schlachttages allerdings durchaus zufrieden sein; seine Truppen haben dem französischen Ansturm standgehalten, verglichen mit vergangenen Waffengängen napoleonischer Kriegskunst konnte man durchaus von einem österreichischen Erfolg und einem französischen Misserfolg sprechen: Marengo, Ulm, Austerlitz, Jena, Eylau, Friedland, Regensburg waren Siege, erfochten an einem Tag. Austerlitz wurde in weniger als 9 Stunden entschieden. Vor allem die Tatsache, dass es Napoleon nicht gelungen war, das Zentrum zu zersprengen und dann von innen nach außen zu operieren, wurde zu recht als Misserfolg gedeutet.
In der Nacht ergingen neue Befehle an die Truppenkommandeure. Es war für alle klar, dass Napoleon am kommenden Tag erneut zum Angriff übergehen werde, seine Dispositionen wurden in diesem Sinne abgefasst. Was aber gedachte angesichts des bevorstehenden Angriffs der Erzherzog tun?
Noch am Abend hielt er Kriegsrat mit seinen beiden engsten Mitarbeitern, Stabschef v. Wimpffen und Generaladjutant Graf Grünne: Wimpffen und Grünne plädierten für einen Generalangriff bei Tagesanbruch, der Erzherzog neigte nach wie vor zur Defensive. Am rechten österreichischen Flügel drohte keine Gefahr, denn hier hatten die Österreicher eine Massierung ihrer Kräfte durchgeführt und Schwerpunkt gebildet. Am linken Flügel waren die Franzosen zwar in der Überzahl, doch bei einem rechtzeitigen Eintreffen der Truppen Johanns – und davon ging man im österreichischen Hauptquartier nach wie vor aus - konnte auch hier ein erfolgreicher Abwehrkampf geführt werden. Gegen 23.oo Uhr legte sich der völlig erschöpfte Oberbefehlshaber schlafen. Laut Aufzeichnungen des Generalstabschefs sagte er im Weggehen zu diesem und dem Generaladjutanten Graf Grünne:“ Wir sollten Morgen den Franzosen zuvorkommen und selber angreifen“. Sowohl Wimpffen als auch Grünne fassten diese Äußerung als Auftrag auf und Wimpffen ging sofort daran, die entsprechenden Befehle aufzusetzen. Um 23.30 ritten die ersten Adjutanten los zu den Korpskommandeuren. Um 4.00 in der früh sollte der allgemeine Angriff beginnen. Den Anfang machten das 1.Korps unter dem Kavalleriegeneral Graf Bellegarde im Zentrum der Österreicher und das 4. Korps unter Feldmarschallleutnant Fürst Orsini-Rosenberg auf dem linken Flügel. Während Bellegardes Verbände die schwachen französischen Verbände im Dorf Aderklaa überrennen und diesen wichtigen Punkt besetzen konnten, erreichte das 4. Korps Rosenbergs inmitten des Vormarsches ein Gegenbefehl des Erzherzogs. Er lautete: Vormarsch sofort anhalten und sich in die Ausgangsstellungen zurückzuziehen.
Die Kriegsgeschichte bietet zahlreiche Beispiele für das Verhängnis „Befehl- Gegenbefehl-Niederlage“. Was war geschehen, weshalb musste ein zunächst erfolgreich vorgetragener Vormarsch eingestellt werden?
Bruno Brehm hat in seinem Roman „Zu früh und zu spät“ die Situation am frühen Morgen des 6. Juli 1809 sehr realistisch beschrieben:“ Es mochte gegen halb fünf Uhr sein, als der Generalissimus mit Delmotte und zwei Flügeladjutanten auf der Anhöhe zwischen Wagram und Baumersdorf bei dem um Wimpffen versammelten Stab erschien. Ohne den Generalquartiermeister, der Meldung machen wollte, zu beachten, starrte der Generalissimus in die sich vom Nebel entschleiernde Ebene hinaus. Die ganze Ebene lag vor dem Erzherzog wie ein aufgeschlagenes Buch; aus den Zeilen der Treffen, aus den endlos langen Zeilen war die Übermacht des Feindes zu lesen. Im Zentrum bei Aderklaa allen mochten an sechzigtausend Mann versammelt sein, das nicht mitgerechnet, was sich an Reiterei und Fußvolk, eingehüllt in gewaltige Staubwolken, gegen Osten hin verschob. Napoleon hatte wohl über Nacht seine gestern abends fächerförmig auseinanderstrebenden Armeekorps zusammengeklappt und in der Mitte der von Großhofen bis Aderklaa reichenden Front vereinigt.
Die Augen des Generalissimus weiteten sich, sein Antlitz wurde grau und verfiel. Langsam, ja wiederwillig, als lohne es sich der Mühe nicht, kehrte er sich um und sah sich seine Truppen an, die noch auf der Hochfläche standen: es war nicht viel, eine schwache, aus den Regimentern Vogelsang und Argenteau bestehende Brigade.Das übrige erste Korps war wohl vorgegangen, hatte schon den Bach übersetzt, griff sogar bereits Aderklaa an, denn von dort kam heftiges Kleingewehrfeuer herüber. Dem Generalissimus war es, als träume er: ist also wirklich und wahrhaftig über den Bach gegangen und greift an.Wimpffen beobachtete den Generalissimus aus dem Augenwinkel und sagte kein Wort. Grünne, etwas seitwärts von Wimpffen, stand in den Steigbügeln und strich, um besser hören zu können, vorgebeugt dem Pferd die Mähne.
Warum Bellegarde angreife und die ausgezeichnete Stellung hinter dem Bach aufgebe, wollte der Erzherzog wissen.Seine Stimme war tonlos und brüchig, sein Blick schwer und traurig..
Rittmeister Tettenborn von den Klenau-Chevauxlegers habe heute bei Morgengrauen Aderklaa geräumt gefunden, erwiderte Wimpffen ganz unbefangen, woraufhin General Stutterheim mit der Avantgarde vorgegangen sei und zahlreiche verwundete Sachsen nebst einigen Offizieren vom Stabe Bernadottes gefangengenommen habe. Nun hätten Zweierjäger und Legionsbattaillon die Ortschaft besetzt, beiderseits von ihr führen bereits Batterien auf.
Der Erzherzog glaubte nicht richtig zu hören:“ Es ist doch gestern Nachmittag ausdrücklich befohlen worden, die ganze Armee geschlossen in mehreren Treffen hinter dem Russbach zu versammeln und hier den Angriff des Feindes abzuwarten.
Grünnes lebhafte Augen wanderten zwischen Wimpffen und dem Generalissimus hin und her.
„Kaiserliche Hoheit, dieser Befehl wurde vor unserem entscheidenden Erfolg am Abend erwogen.“
„Ist dieser Befehl abgegangen oder nicht?“
„Er ist nicht abgegangen, Kaiserliche Hoheit“? Wimpffens Stimme klang fest und entschlossen.
„Warum ist dieser Befehl nicht ausgegeben worden?“
„Weil sich nach meiner Ansicht durch die Niederlage der Franzosen gestern Abend die Lage vollkommen verändert, zu unseren Gunsten verändert hat.“
„Ich habe Ihnen gestern Abend doch gesagt, dass ich Ihre Ansicht über die Größe dieses Erfolges nicht teile, dass ich der Meinung bin, dass der Feind nur einen geringen Teil seiner Streitkräfte eingesetzt hat. Warum haben Sie mich vorher nicht gefragt?“
„Es war leider unmöglich, Kaiserliche Hoheit,über diese Frage heute Nacht noch die höchste Willensmeinung einzuholen“,entschuldigte sich Wimpffen.
Der Generalissimus verstand. Eine berennende Welle Blut stieg in sein Gesicht, er senkte den Blick und fragte tonlos, was denn der rechte Flügel in der Nacht für neue Befehle bekommen habe.
„Das dritte Korps“, erwiderte Wimpffen mit selbstsicherer Stimme,“ greift über Leopoldau und Breitenlee die offene Flanke des Gegners an und nimmt das gestern zurückgegangene sechste Korps mit nach vorne. Grenadierkorps und Kavalleriereserve marschieren bei Süssenbrunn auf und stellen die Verbindung her zwischen Kolowrat und Bellegarde.“
Der Erzherzog hatte das Glas ans Auge geführt: “Aber ich sehe nichts vom dritten und nichts vom sechsten Korps!“
Aber sie müssen jeden Augenblick ins Gefecht treten“, erwiderte Wimpffen.
„Dann müssen sie rein durch die Luft kommen“.
Der Generalissimus ritt ein paar Schritte vor und lauschte: “Und was ist drüben bei Rosenberg los?“
„Kaiserlich Hoheit, Fürst Rosenberg wurde bereits angewiesen, sein rasches Vorgehen zu bremsen“.
„Ja warum um Gottes willen, geht denn auch Rosenberg vor?“
„Rosenberg hat die Aufgabe zu demonstrieren und die Aufmerksamkeit vom Vormarsch unseres rechten Flügels abzulenken.“
Das vom Sporn gestachelte Pferd des Generalissimus drängte, heftig tretend, gegen den Zügel; der Erzherzog hatte seine Nerven nicht mehr in der Gewalt.
Wenn Rosenberg nur demonstrieren soll, dann demonstriert er entweder zu früh, oder Kolowrat und Klenau kommen zu spät.Das Wichtigste wäre wohl gewesen, diese beiden Angriffe aufeinander abzustimmen.“ Der Erzherzog deutete auf die gewaltigen sich gegen Markgrafneusiedel ziehenden Staubwolken: „Sehen Sie, was sich da gegen den ahnungslosen Rosenberg zusammenballt! Napoleon scheint seine ganze Kavalleriereserve einzusetzen.“
„Sind von Erzherzog Johann Meldungen eingelaufen?“
„Der Herr Erzherzog meldet, dass er heute morgen um ein Uhr aufbrechen wird, also wohl schon aufgebrochen ist“; erwiderte Wimpffen.
„Von wo aufgebrochen ist?“ fragte der Generalissimus hastig.
„Von Pressburg, Kaiserliche Hoheit.“
„In Pressburg? Wieso denn noch in Pressburg? Das ist doch ganz und gar unmöglich! Wie kann er denn noch in Pressburg gewesen sein? Hat er denn unsere dringenden Befehle nicht erhalten?“
„Der Herr Erzherzog hat die Befehle wohl erhalten, aber er gibt an, mit dem Abmarsch so lange warten zu müssen, weil sein Geschütz in den Verschanzungen des Brückenkopfes verteilt ist.“
„Aber er hätte doch gestern und vorgestern das alles besorgen können! Und im schlimmsten Fall hätte er vorauseilen und das Geschütz nachkommen lassen können. Aber es ist ja immer die gleiche Indolenz. Wen ich nicht persönlich hole, der kommt nicht, jeder muss gestoßen und geschoben und womöglich mittels Bittschrift allerunterwürfigst ersucht werden.“
„Der Herr Erzherzog“, fuhr Wimpffen fort,“ will in Marchegg drei Stunden rasten und dann den Marsch auf der anbefohlenen Strasse fortsetzen.
„Die Meldung meines Bruders!“ Der Erzherzog überlas den Brief, seine Hände zitterten:“ Und wenn die Welt zugrunde geht, es muss gerastet werden.“
„Vielleicht marschiert der Herr Erzherzog doch durch“, warf Wimpffen ein, „denn wir haben heut den Flügeladjutanten Fürst Reuß neuerdings mit einem dringlichen Befehl an den Herrn Erzherzog abgesandt.“
„Viel wird das nicht mehr ändern können“, stellte der Generalissimus fest. „Wenn er in Marchegg nicht rastet, kann er frühestens um neun Uhr bei Rosenberg eintreffen. Bis dahin sind noch vier Stunden. Sehen Sie ein, dass man Rosenberg nicht angreifen lassen darf? Wir lenken doch nur den Blick Napoleons auf unsere offene Flanke, wir reizen den Gegner geradezu, den vordringenden Rosenberg zu umgehen“.
„Kaiserliche Hoheit, als dieser Befehl an Rosenberg ausgegeben wurde, hatten wir von der Verzögerung des Anmarsches Erzherzogs Johann noch keine Nachricht!“ entschuldigte sich Wimpffen.
Der Generalissimus winkte seinen Flügeladjutanten Major Graf Cavriani: “Sofort zu Rosenberg.Der Fürst hat sogleich jede offensive Bewegung einzustellen. Er hat sich in vorher innegehabten Position zurückzuziehen und sein ganzes Augenmerk allein auf die Verteidigung zu richten.“
Wenn auch nicht wörtlich, so doch dem Inhalt nach wahrheitsgetreu hat Brehm die Auseinandersetzung zwischen dem Oberbefehlshaber und seines Generalstabschefs dargestellt.
Der Erzherzog hatte, bevor er sich zum schlafen gelegt hatte, nachweislich einen Angriff befohlen, denn in der Operationsdirektive stand wörtlich, „der Generalissimus hatte beschlossen, mit Anbruch des Tages einen Angriff auf beide Flügel des Feindes zu unternehmen“. Der Generalstabschef hatte diese Direktive, wohl eigenmächtig, insofern abgeändert, als er durch seinen Adjutanten dem Kavallerie General Bellegarde , einem alten Freund, ausrichten ließ, dieser soll mit allen verfügbaren Kräften den französischen linken Flügel angreifen und über Kagran- Breitenlee-Hirschstetten und entlang der Donau Richtung Osten auf Groß-Enzensdorf vorstoßen und die französische Armee im Rücken fassen. Da es sich jedoch um eine Eigenmächtigkeit des Generalstabschefs gehandelt hat, hat er diesen Gedanken einer einseitigen Umfassung mit stark gebündelten Kräften nicht schriftlich in der Disposition niedergelegt, sondern dem General Bellegarde mündlich ausrichten lassen; dieser wiederum ließ durch seine Adjutanten den Inhalt dieses Angriffsplans den Kommandeuren der benachbarten Korps - Feldzeugmeister Kolowrat, Feldmarschall-Leutnant Klenau und dem General Fürst Liechtenstein ausrichten. Diese Eigenmächtigkeit wurde ermöglicht, weil der Erzherzog sich schlafen gelegt hatte, oder wie es später hieß, er habe einen epileptischen Anfall gehabt und war deshalb nicht in der Lage, die Dispositionen des Generalstabschefs gutzuheißen. Der epileptische Anfall wurde freilich erst nach der verlorenen Schlacht in die Welt gesetzt, wohl wissend, dass Erzherzog Karl seit seiner Jugend unter epileptischen Anfällen gelitten hat. Es spricht für den edlen Charakter dieses wohl berühmtesten Feldherrn Österriechs, dass er nach der verlorenen Schlacht seinen Generalstabschef nicht mit einem Wort wegen dieser Eigenmächtigkeit gerügt hat, obwohl er, wie wir wissen, seinen Bruder, den Erzherzog Johann nicht geschont hat, wenn es um die Frage nach den Ursachen der Niederlage ging.
Um 4.oo Uhr in der früh begannen die Truppen des rechten und linken Flügels der österreichischen Armee den Vormarsch. Der linke Flügel unter dem Fürsten Rosenberg marschierte in drei Kolonnen gegen die französischen Linien und warf die vorgeschobenen französischen Vorposten. Doch Rosenberg sollte, wie es damals hieß „nur demonstrieren“, d.h. den Gegner nur beschäftigen, die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich ziehen, ihm den Eindruck vermitteln, an diesem Punkt müsse man mit ernsthaften Angriffen rechnen. Doch dies war einem Kommandeur wie dem draufgängerischen Generalmajor Radetzky offensichtlich nicht vermittelt worden, oder er hielt sich nicht an den Befehl des langsamen Vorgehens; kurz vor 5.00 Uhr erreichte er den Ort Glinzendorf und, anstatt Halt zu befehlen, ließ er zum Sturm auf den Ort blasen.Im übrigen hatte Radetzky recht,auch ohne Befehl anzugreifen,denn Davouts Truppen gerieten auf Grund des unerwarteten Angriffs in Unordnung.Es dauerte zwei Stunden, bis Davout seine Verbände ordnete und dann zum Angriff überging. Gegen 5 Uhr erreichte den General Radetzky der Befehl des OB , Halt zu machen , alle Angriffe einzustellen und , damit begann das Verhängnis, sich auf die Ausgangsstellungen zurückzuziehen. Hätte man Radetzky gelassen, er hätte Glinzendorf genommen und sich damit einen Eckpfeiler, einen starken Stützpunkt für den späteren Angriffs gesichert. Nun musste man - für Napoleon völlig überraschend- und für die österreichischenTruppenkommandeure vollkommen unverständlich, kehrtmachen, zunächst ohne vom Gegner bedrängt zu werden und sich nach einem Stundenmarsch wieder in die Ausgangsstellungen zurückziehen.
Napoleon blieb das Geschehen vor seinem recht Flügel natürlich nicht unbemerkt; er ritt an der Spitze zweier Kürassierdivisionen zur gefährdeten Stelle seiner Front; er sah nun, dass die Österreicher sich bereits im Rückzug befanden. Als diese etwa auf dem halben Weg zurück in die Ausgangsstellungen waren, ließ der Kaiser seine Kürassiere angreifen. Rosenberg erlitt schwere Verluste und konnte sich nur mit Mühe und Not in die Ausgangsstellungen zurückziehen. Wäre der Erzherzog Johann mit seinen Verbänden zur Stelle gewesen, hätte die Schlacht bereits hier eine andere Wende genommen.
Weitaus günstiger entwickelte sich die Lage auf dem rechten Flügel der Österreicher; Bellegards Truppen überrannten die Franzosen bei Aderklaa; sein Vormarsch konnte erst durch ein starkes Artilleriefeuer der Franzosen gestoppt werden; auch die Truppen Klenaus konnten einen guten Geländegewinn für sich verbuchen. Wimpffens Plan eines „Sichelschlags“, einer einseitigen Umfassung schien sich zu bewähren. Marcellin de Marbot: “ Als ich bei Massena anlangte, war dieser in großer Verlegenheit.Sein Armeekorps zog sich, vom Feind lebhaft verfolgt, längs der Donau zurück, und die Infanterie der Division Boudet, die von der feindlichen Reiterei durchbrochen war und erbarmungslos niedergemetzelt wurde, floh in einer wirren Masse über die Ebene. Es war der bedenklichste Augenblick der Schlacht.“