Feldmarschall Maximilian von Wimpffen
Kapitän der Ersten Arcieren -Leibgarde
1770-1854
Gemälde von Clara de Both (1907 - 2000)
Museum von Aspern-Essling 1809
Unter einem hohen Obelisken, auf deren Spitze ein Todesgenius mit gesenkter, lorbeerumkränzter Lebensfackel steht, erhielt der ehemalige Generalstabschef der österreichischen Armee in der siegreichen Schlacht von Aspern (und der verlorenen von Wagram) seine letzte Ruhestätte. Auf dem „Heldenberg“ nahe Wien endete an einem sonnigen Augusttag die bewegte militärische Laufbahn eines Soldaten, dem zwei so grundverschiedene Literaten wie Bruno Brehm und Stefan Heym ein literarisches Denkmal setzten. Zu dessen Seite der legendäre Feldmarschall Radetzky beigesetzt werden wollte, statt neben Königen und Kaisern in der Wiener Kapuzinergruft seine Ewige Ruhe zu finden. “Es ist mein Wille, schrieb Österreichs berühmtester Soldat in seinem Testament, „ an der Seite meines alten Freundes Marschall von Wimpffen beigesetzt zu werden.“
Wenige Jahre nach seinem Tod erhielt Maximilian von Wimpffen ein Denkmal auf dem „Heldenberg“, nahe Wien; in Wagram , Wien und Wetzdorf sind Strassen nach ihm benannt; doch wenn alljährlich am Todestag Radetzkys das republikanische österreichische Bundesheer einen Kranz niederlegt, am Grab des Besiegers des italienischen Freiheitskampfes von 1848, der italienische Revolutionäre reihenweise hinrichten ließ, bekommt der andere Feldmarschall, der sein Soldatenleben lang für die Befreiung Österreichs von der französischen Fremdherrschaft gekämpft hat, nicht einmal einen Blumenstrauß. Und es sind nur drei Schritte, die beide Gräber voneinander trennen.
Maximilian von Wimpffen, wurde am 19. Februar 177o in Münster / Westfalen geboren. Doch er war kein Westfale, wie der Historiker Franz Herre irrtümlich annahm („ein schwerblütiger Westfale“),er war nicht einmal ein deutscher Untertan.
Der Vater, Maréchal de Camp Francois Georges de Wimpffen, war Kommandeur des deutschen Regiment La Marck, das in französischen Diensten stand. Er war Untertan des französischen Königs und somit war auch sein Sohn zunächst einmal Franzose. Er heiratete 1761 jedoch die westfälische Adelige, Juliane von Boeselager, die ihren zweiten Sohn, Maximilian in Münster zur Welt gebracht hat. Da der Vater schon 1765 den „freien Adelssitz“ Schloss Mollberg in Bayern erwarb und gleichzeitig die „Landsassenpflicht“ abgelegt hatte, war er sozusagen auch Untertan des bayerischen Kurfürsten. Er blieb aber weiterhin in französischen Diensten , und weil seine Familie das Schloss am Donauufer nicht bezogen hat, faktisch ist er demnach weiterhin Franzose geblieben. Francois Georges de Wimpffen wurde erst auf Grund der Fürsprache des Herzogs de Choiseul Ende 1771 aus französischen Diensten entlassen. Er verkaufte das vor paar Jahren erworbene Schloss Mollberg (in der Nähe von Höchstadt a.D.) und bewarb sich nun um eine Anstellung in österreichischen Diensten. 1772 teilt ihm Staatskanzler Fürst Kaunitz mit, dass er zum Kommandeur eines Husarenregiments in Siebenbürgen ernannt wurde. Somit wurde er zwei Jahre nach der Geburt seines zweiten Sohnes tatsächlich österreichischer Untertan und Kommandeur eines ungarischen Regiments geworden.
Der Vater des Marschalls von Wimpffen, Generalleutnat Francois Georges de Wimpffen
Gemälde von Clara de Both(1907-2000)
War also der spätere Feldmarschall von Wimpffen „gebürtiger“ Franzose, Bayer oder Österreicher? Bei seiner Geburt war er Franzose, doch als er mit 11 Jahren Zögling der Wiener- Neustädter Militärakademie wird, ist er zweifelsohne Österreicher geworden – und ist es bis zu seinem Tod geblieben, obwohl sein Vater und dessen ganze Familie 18o8 nicht das österreichische, sondern das ungarische Indigenat erhielten. Seine Großmutter,die Französin Dorothée Mazille Baronne de Fouquerolles, mit der er in frühen Jahren eine lebhafte Korrespondenz führte, sprach allerdings immer von „mon petit-enfant Maximilien“.( Ein ähnlicher Lebensweg kennzeichnet auch den Feldmarschall Helmuth von Moltke; auch er entstammte einer deutschen Familie, wurde aber in Dänemark geboren, trat dort in die dänische Militärakademie in Kopenhagen ein und wurde nach Abschluss in die dänische Armee übernommen. Erst durch den Übertritt in die preußische Armee wurde er zu einem „Preußen“, oder, wenn man so will, zum Deutschen.)
Wimpffen verbrachte fünf Jahre an der von Maria Theresia gegründeten Militärakademie. Es ist nicht uninteressant, einen Blick auf das Innenleben dieser Ausbildungsstätte der Armee der Habsburgermonarchie zu werfen. Wie gestaltete sich der Alltag, welche Erziehungsprinzipien herrschten bei der Ausbildung, welchem Bildungsideal huldigte der Lehrkörper?
Die einzelnen Fächer würden heutigen Armee-Universitäten zur Ehre gereichen: deutsche Sprache, lateinische Sprache, Grundkenntnisse in Böhmisch, Italienisch, Französisch, Ungarisch und Polnisch, Geschichte, Geografie, Arithmetik und Algebra, angewandte Mathematik, Differential- und Integralrechnung, Lehre von den Kegelschnitten, Artilleriewissenschaft, praktische Geometrie, Feldbefestigung, Naturgeschichte, Naturlehre, permanente Befestigung, Natur – und Moralphilosophie, Situationszeichnen, Briefstiel, Taktik,
Religion, Exerzieren und Leibesübungen, Terrainaufnahme, Lagerausstecken, Wacht- und Patrouillendienst, Scheibenschießen mit der Flinte und Pistole, Reiten, Fechten und Tanzen.
Zu Wimpffens Zeit war Franz Josef Graf Kinsky der Direktor der Akademie, der unter den zahlreichen Akademiedirektoren die wohl markanteste, prägendste Persönlichkeit war.
Nach 5 Jahren Militärakademie verlässt Maximilian von Wimpffen die Wiener-Neustädter Akademie und tritt am 1. November 1786 als Fahnenkadett in das Infanterieregiment Nr.9 Clerfayt ein. Ein Jahr später wird er auf Ersuchen des Vaters zum Infanterieregiment Nr. 19 Alvinczy versetzt. Der Regimentsinhaber Jozsef Alvintzy ist ein alter Freund des Vaters aus gemeinsamer militärischerer Vergangenheit und das Regiment ist im Begriffe, an den Kämpfen gegen die Türken der Jahre 1788-1789 eingesetzt zu werden.
Maximilian von Wimpffen ist jetzt 18 Jahre alt und vollem Drang nach militärischen Einsätzen. Er erbittet das Kommando über eine Sturmabteilung, die die Festung Belgrad am Konstantinopler Turm angreifen soll. Er wird zum Leutnant befördert und führt seine Abteilung in einem erbitterten Nahkampf gegen die Befestigungen der Außenmauer beim Eindringen in die Festung wird er durch ein herabfallenden Stein am Fuß verletzt, doch er kämpft weiter und dringt mit seiner Abteilung in das Innere der Festung ein. Der Kommandeur der Angriffskolonne, Oberst Leopold Kollowrat-Krakowsky wird schwer verwundet, der junge Leutnant Wimpffen übernimmt die Führung und kämpft mit Teilen seines Regiments Alvinczy den Widerstand der Türken in seinem Angriffsstreifen nieder. Seine außenordentliche Tapferkeit wird mit der Beförderung zum Oberleutnant belohnt. Nach der Eroberung Belgrads wird er zum Grenadierbataillon Morzin abkommandiert, um alsbald nach den Niederlanden in Marsch gesetzt zu werden.
In der Schlacht bei Neerwinden erobert er an der Spitze seines Grenadierbataillons den Ort Neerwinden in mehreren Sturmangriffen; der französische Gegenschlag folgt, Neerwinden wird zurückerobert. Oberleutnant Wimpffen wird durch eine Gewehrkugel am rechten Bein verwundet und gerät in Gefangenschaft. Als dem französischen Oberkommandierenden, General Dumouriez die Gefangennahme gemeldet wird, lässt er Wimpffen in sein Hauptquartier nach Tirlemont bringen. Er wird versorgt und nach sechs Wochen freigelassen, denn Dumouriez weiß, dass der junge Oberleutnant ein Neffe des „Helden von Thionville“, Felix de Wimpffen und der Revolutionsgeneräle Francois und Germain de Wimpffen ist.
Kaum genesen, übernimmt er wieder sein Bataillon und kämpft in der Schlacht bei Maubeuge. 1794 wird seine Einheit in den Gefechten bei Landrecy und Charleroi eingesetzt. 1797 erfolgt seine Beförderung zum Kapitänleutnant; er wird nach Italien versetzt. Dort angekommen übernimmt er die Verteidigung von Loano nahe Genua, das er gegen alle Angriffe der Franzosen behauptet und räumt den Ort erst auf Befehl seines Oberkommandos. Freiherr August Beaulieu; der österreichische Oberbefehlshaber überträgt Wimpffen das Amt des Generalstabschefs und befördert ihn zum Hauptmann. In dieser Eigenschaft kämpft er im Gefecht am Mincio; im Nahkampf erschießt man sein Pferd, zwei Bajonettstiche verletzen ihn an Bein und Arm. Doch er lässt sich ein neues Pferd geben, auch dieses wird unter ihm getötet. Die geschlagenen Österreicher müssen sich zurückziehen, die Franzosen behaupten das Schlachtfeld.
Nun übernimmt Feldmarschall Dagobert Graf Wurmser den österreichischen Oberbefehl, ein alter Freund des Vaters und Taufpate seiner Kinder, Dagobert, Georg und Maximilian von Wimpffen. Der junge Hauptmann wird dem Generalstab des Feldmarschalls zugeteilt. Am 6. November kommt es zur Schlacht an der Brenta, am 12.November wird bei Caldiero gefochten, vom 15. bis 17.November kommt es zur berühmten Schlacht von Arcole, die Napoleons Ruhm begründet und deren Folge der Rückzug der österreichischen Armee aus Norditalien ist.
Nach Ausheilung seiner Verwundung wird er Stabschef des Feldmarschallleutnants Graf Bellegarde in Tirol. Wenig später übernimmt er den Ausbau der Verteidigung von Feldkirch im Vorarlberg, das er erfolgreiche verteidigt gegen die Angriffe des Generals Massena. Im Frühjahr 1799 kommt es in Tirol zu einem blutigen Gefecht mit französischen Truppen; an der Spitze des ungarischen Husarenregiments „Erdödy“ greift er an, wird dabei erneut schwer verwundet; eine Gewehrkugel zerschmettert sein rechtes Achselgelenk, die Husaren haben Mühe, ihn aus dem Schlachtgetümmel zu retten. Er wird nach Bozen gebracht, wo er 3 Monate zwischen Leben und Tod schwebt. Es dauert ein ganzes Jahr, bis er wieder ein Pferd besteigen kann; sofort bietet ihm sein alter Gönner Alvinczy eine Stellung beim Generalstab des ungarischen Adelsaufgebots an - ein uraltes ungarisches Gesetz verpflichtet den Adel im Falle eines Krieges zum Wehrdienst - doch Wimpffen will ein „Frontkommando“. Aus heutiger Sicht kann man nur bedauern, dass er das Angebot des Feldzeugmeisters Jozsef Alvinczy nicht angenommen hat, denn 9 Jahre später, als Napoleons Truppen eben diesem ungarischen Adelsaufgebot eine vernichtende Niederlage zugefügt haben, war eine der Hauptursachen der Niederlage bei Györ die desolate Führung des Adelsaufgebots, sieht man einmal von der ungenügenden Bewaffnung der ungarischen Verbände ab. Das Organisationstalent des Hauptmanns Wimpffen hätte möglicherweise die totale Niederlage des ungarischen Adelsaufgebots verhindert.
Die Tiroler Stände verliehen ihm die 1796 gegründete Tiroler Ehrenmedaille für Tapferkeit.
- Előző
- Következő >>